Sonntag, 22. März 2009

Der Wind in meinem Glas

Ich weiß noch, als ich kleiner war,
war alles wirklich, alles wahr,
war alles richtig, alles echt,
ein Engel gut, der Teufel schlecht.

So kam es eines Tages dann-
ich weiß nicht, es war irgendwann-
lief ich zu meiner Mutter schnell.
Es war Mittag, der Tag noch hell.

Ich weiß noch, ich rief: „Schau mal hier!
Der Nachbarjunge schenkte mir
ein Glas, in dem er fing den Wind.“
Ich reichte ihr das Glas geschwind
und hoffte, dass sie sagt: „Es stimmt!
In diesem Glas ist wirklich Wind!“

Doch was sie sagte, traf mich tief.
„Ich geh noch raus“, sagt’ ich und lief
mit dem Glas in meiner Hand
zum Spielplatz und fiel in den Sand.
Ich blieb dort liegen, fragte leis,
ob sie sich irrt. Wenn nicht, wer weiß...

Kam Ostern denn ein Has vorbei,
der dann versteckte jedes Ei?
Gibt’s wirklich auch den Weihnachtsmann?
War’s der im Kaufhaus nebenan?

Da sprang ich auf. „Ich werd’s beweisen!“
Ließ über’s Glas die Hände kreisen,
doch öffnen ließ es sich nicht mehr.
Ich warf es hin, ich war es her.
Und schließlich sprang es doch entzwei.
„Komm, Wind! Komm! Nun bist du frei!“

Doch nicht ein Lüftchen regte sich
und traurig blieb zurück nur ich.
Da kam die Stimme nun zurück
Mit diesen Augen, diesem Blick!

„In deinem Glas, mein liebes Kind,
ist doch nur Luft und nicht der Wind.
Du wirst erwachsen. Oma meint,
ich hätte damals sehr geweint,
weil ich alles hab geglaubt
und meines Traumes wurd beraubt.

Doch wird es auch Zeit aufzuwachen.“
Ich konnte Tage nicht mehr lachen,
denn was ich wusste- nun bestimmt-
es war nur Luft und nicht der Wind.


©by Anna Jansen

1 Kommentar:

Arven hat gesagt…

Das ist wunderschön...

Lieben gruss, Arven